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Leben

Buddha lebte vor 2.500 Jahren. Sein Leben kann Menschen in der heutigen Welt immer noch sehr viel lehren. 

Viele Legenden ranken sich um Buddhas Geburt, Kindheit und Leben. Gleichwohl spiegelt sich in seinem Werdegang die Lebensreise vieler Menschen. Buddha, damals noch Siddharta genannt, wurde in eine angesehene Familie hineingeboren. Seine Geburt wurde wohl sehnlich erwartet, denn er war das erste Kind. Die Legende erzählt, dass 32 Vorzeichen die Geburt Siddhartas ankündigten: Kranke wurden gesund, wilde Tiere wurden zutraulich, überall regnete es Blumen.

So wie Siddhartas Eltern beobachten Millionen werdender Eltern die Anzeichen während der Schwangerschaft. Es regnet zwar nicht Blumen, doch aus manchen Anzeichen schließen die Eltern auf den späteren Charakter des Kindes. „Es strampelt so viel, das wird ein Kind mit viel Energie.“ Die Jahreszeit der Geburt wird bedacht, in Astrologiebüchern wird nachgeschlagen und Tierkreiszeichen und Aszendenten werden analysiert.

Der normale Lebensweg heute ist Ausbildung, dann Arbeit. Doch damit ist der eigene Weg noch nicht gefunden.

Im alten Indien war das Deuten von Vorzeichen wichtig. Daher luden die jungen Eltern von Siddharta bereits drei Tage nach der Geburt ihren Hauspriester Asita zu sich. Asita betrachtete die körperlichen Merkmale des Kindes und prophezeite ihm außerordentliche Fähigkeiten. Zwei Tage später vollzogen acht Brahmanen die Namensgebungszeremonie. Auch sie weissagten dem Kind Außergewöhnliches. Er werde ein Herrscher, ein mächtiger Raja werden – oder ein Buddha, wenn er der Welt entsagt.

Diese Voraussage gefiel dem Vater nur zur Hälfte. Er wollte, dass Siddharta sich später den weltlichen Aufgaben eines Herrschers stellt. Dementsprechend wurde das Kind gemeinsam mit seinem Halbbruder Nanda in Kampfkünsten geschult. Der Junge sollte lernen, was er später als Raja brauchen würde. Dinge, die an Religion, Askese und Weltabgewandtheit erinnern könnten, wurden von Siddharta ferngehalten. Um ihn wurde eine künstliche positive Welt errichtet. Später sagte er darüber: „Verwöhnt lebte ich, äußerst verwöhnt.“

Kinder in europäischen Durchschnittsfamilien werden ebenso behütet und beschützt. Der Urlaub wird danach ausgewählt, wo sich das Kind wohlfühlt, der Kindergarten wird genauestens inspiziert, ob das Essen gut und die Spielzeiten angemessen sind, ob auf die Kinder eingegangen wird und die anderen Kinder entsprechen. Und sie werden gefördert. Die Mutter chauffiert sie zu Ballettstunden und zum Fußballklub, Englisch wird schon früh geübt. Hinter all dem steht der Wunsch, das Kind möge Fähigkeiten entwickeln, um später als Erwachsener ein erfolgreiches Leben führen zu können. Viele Eltern hängen an bestimmten Berufsvorstellungen. Eine Steuerberaterin wünscht sich, dass ihre Kanzlei fortbesteht, und wählt daher Schulen für ihre Tochter, die eine wirtschaftliche Ausrichtung anbieten. Akademiker setzen voraus, dass ihre Kinder studieren, Unternehmer, dass ihr Lebenswerk fortgeführt wird.

Mit Sorge beobachtete Suddhodana, der Vater Siddhartas, wie sich sein Sohn nicht zu einem tatkräftigen jungen Soldaten entwickelte, sondern zu einem empfindsamen jungen Mann mit Hang zur Reflexion. Um ihn vom Sinnieren abzubringen, wurden Tänzerinnen und Musiker eingeladen und schließlich gab ihm der Vater eine Frau zur Seite, als er 16 Jahre alt war. Immer stärker entwickelte sich jedoch in Siddharta eine tiefe Sehnsucht, den Sinn des Lebens zu verstehen und dem oberflächlichen Leben zu entrinnen. Es brauchte aber weitere 13 Jahre, bis er sich aus dem elterlichen ‚Gefängnis‘ löste. Erst im Alter von 29 Jahren entschloss er sich, den Palast seiner Väter zu verlassen und ein Hausloser zu werden.

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So ist es auch heute. Viele Jahre sind Mama und Papa die Leitbilder, die ein Kind bewundert und nach denen es sich richtet. Doch irgendwann in der Pubertät verändert sich etwas. Die Jugendlichen wollen ihren eigenen Weg gehen, sie brechen die Regeln, sie bleiben eine Nacht weg, sie werden schweigsam oder streitsüchtig. Das warme, sichere Heim wird zur Last und zum Gefängnis. Die Ablösung vollzieht sich jedoch so wie bei Siddharta nicht plötzlich. Sie ändern ihre Kleidung und ihre Haare und drücken ihre Ablehnung des Elternhauses aus. Irgendwann zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr verlassen junge Menschen ihre Familie und suchen ihr eigenes Leben. Manche stürzen sich in eine Ausbildung und wieder andere jobben einige Jahre, um sich selbst zu finden.

Auch Siddharta war nun ohne Diener ganz auf sich allein gestellt. Er lernte auf seinem Weg viele Menschen kennen, die asketisch lebten und versuchten, die geistige Freiheit zu verwirklichen. Schließlich fand er zwei Lehrer und lernte bei ihnen. Beide erkannten seine außergewöhnlichen Fähigkeiten und boten ihm die Leitung ihrer Schule an. Doch Siddharta lehnte ab. Er hatte zwar Fertigkeiten in Yoga und den Upanishaden gelernt, doch war sein Ziel die Erlösung und nicht die Nachfolge in einer Schule. Er machte sich wieder auf die Wanderschaft und wandte sich vollends der Askese zu. Durch die asketischen Praktiken meinte man, dass man die geistig-magischen Fähigkeiten erhöhte, um zur Erlösung zu gelangen. Diesen Weg der Selbstbestimmung beschritt Siddharta.

Der normale Lebensweg heute ist Ausbildung, dann Arbeit. Doch damit ist der eigene Weg noch nicht gefunden. Viele denken auch, die Ablösung vom Elternhaus wäre das Ende aller Probleme, und suchen nach Lehrern, die einen Weg zeigen. Auch Arbeit wird oft als Sinnfindung betrachtet. Jahre des Leides können vergehen, bis Entscheidungen unausweichlich werden.

Siddharta erkannte, dass alle Wege, die andere beschritten, ihn nicht zum Ziel gebracht hatten: „... mittels dieser harten Askese gelangte ich nicht zum höchsten von einem Menschen erreichbaren Ziel, der wahrlich edlen Wissenserkenntnis.“ Er erinnerte sich einer Szene aus seiner Jugend, als er unter einem Rosenapfelbaum meditierend in den Zustand der Versenkung gekommen war. Dieser Meditation wandte er sich nun zu und übte die vier Versenkungsstufen. Schließlich fand er dadurch seinen Weg in die Erleuchtung.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 103: „Buddha und die Arbeit"

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Wann haben Sie entschieden, etwas in Ihrem Leben zu ändern? War es in der Midlife-Krise oder gab es einen anderen Anstoß? Haben Sie sich beruflich verändert oder sich selbstständig gemacht? Oder sich entschlossen, endlich Ihre Stimme zu erheben? Oder Ihre spirituelle Reise begonnen? Eine Entscheidung kann sich Jahre lang vorbereiten und irgendwann tut man den Schritt. Den Schritt ins Ungewisse, in Neuland. Dorthin, wo keine Wegweiser und keine Berater stehen.

Den Schritt ins Ungewisse, in Neuland. Dorthin, wo keine Wegweiser und keine Berater stehen.

Es hat sich gelohnt. Die große Einsicht ist gekommen. Siddharta ist mit 35 Jahren Buddha, der Erleuchtete geworden. Buddha trifft seine früheren fünf Kollegen, die noch den Askese-Weg gehen. Sie wollen anfangs nichts wissen, denn sie sehen ihn als Abtrünnigen. Doch bald erkennen sie an seinen Worten, dass er etwas Besonderes gefunden hat.

Auch für uns könnte es irgendwann an der Zeit sein, unsere Erfahrungen und unser Wissen weiterzugeben. Wir brauchen keine weiteren Ausbildungen. Nun können wir Lehrer sein. Manche sind es schon Mitte dreißig, viele aber eben erst nachdem sie fünfzig geworden sind. So lehrt uns Buddhas Lebensreise, dass auch wir – wenn auch auf einer anderen Ebene – einen ähnlichen Weg gehen.

Dr. Fleur Sakura Wöss ist Leiterin des Zen-Zentrums Mishoan in Wien, sowie Coach und Japanologin. Sie schreibt den Blog www.fleurszenblog.com

Bilder © Pxfuel

Dr. Fleur Sakura Wöss

Dr. Fleur Sakura Wöss

Dr. Fleur Sakura Wöss ist Leiterin des Zen-Zentrums Mishoan in Wien, sowie Coach und Japanologin. Sie schreibt den Blog www.fleurszenblog.com
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