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Vor einiger Zeit habe ich einen Internet-Radiosender entdeckt, der sich ausschließlich der Positivität widmet. Und in seiner Welt bedeutet das „keine Nachrichten“, „keine Werbung“, „kein Geplapper“. Nur angenehme Musik und zwischendrin ein Spruch zum Nachdenken. Natürlich auch positiv.


Ich finde diese Idee grandios, noch dazu, weil es sie in verschiedenen musikalischen Ausprägungen gibt. Happy, easy, classic, tranquil – für jede Stimmung ist etwas dabei. Und wenn ich meine Tage runterfahre, hilft es, nicht weiter zugetextet zu werden. In letzter Zeit allerdings schalte ich diesen Positvitätsbrunnen immer wieder ab, weil mir zu viel von Liebe die Rede ist. Haben Sie sich schon einmal vor Augen und zu Gehör geführt, wie viele Liebeslieder es gibt? Und auf wie viele Arten man darüber singen kann? Schluchzend und aggressiv, schwungvoll und elegisch – und doch strotzen sie alle vor Liebe. Entweder erzählen sie von vergangenen Beziehungen, gegenwärtigen Miseren oder amourösen Zukunftsvisionen. Von Selbstliebe singt keiner, immer ist ein anderer Mensch involviert.
Nicht dass ich etwas gegen Liebe hätte – im Gegenteil. Es gibt viele Menschen in meinem Leben, die ich liebe. Und genau das ist für mich aktuell der Punkt. Warum muss sich Liebe fokussieren? Auf ausschließlich zwei Menschen? Man überlege (oder erinnere sich), was es mit einem macht, wenn das Ganze einseitig läuft. Entweder fühlt man sich gestalkt, weiß nicht, wie man dem anderen seine mangelnde Zuneigung einigermaßen anständig verklickern kann und muss/will sich zeitweise tot stellen. Ist man der Liebende und wird nicht zurück geliebt, versinkt man in Selbstzweifeln, Traurigkeit und Gehirnspiralen, die einem Wirbelsturm gleichen. Man überlegt sich Tausende Varianten, wie man entweder das Herz des anderen gewinnen oder es aus dem eigenen vertreiben könnte. Was das Zeit kostet!!!!!!!!
Ich möchte ja jetzt nicht behaupten, dass mein Vorschlag, den ich Ihnen jetzt gleich unterbreiten werde, der einfachere Weg ist. Denn die Entscheidung, generell zu lieben, bringt vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Prägung eine Menge Missverständnisse mit sich. Zum Beispiel, dass man „mehr“ will, wenn man liebevoll mit einem Mann umgeht. Weil man damit ja immer eine Intention verfolgen muss. Das Gefühl alleine scheint ja nicht genug zu sein, der wohlwollende Umgang erst recht nicht. Und Liebe muss ja immer irgendwie von Erfolg gekrönt sein. #Beziehung #Miteinanderaltwerden # Endlichnichtmehralleine #Liebesleistungsgesellschaft
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe sehr oft versucht, dieser gesellschaftlichen Prägung zu entsprechen. Deshalb weiß ich ja auch, was sie mit einem machen kann. Und ich rede jetzt nicht von den guten Dingen. Ich rede von Schmerz, von tiefen Tälern und Kämpfen. Viele, die das kennen, entscheiden sich am Ende dann oft dafür, keinen Menschen mehr in ihr Leben zu lassen und verabschieden sich von der Liebe, die sie ja nur verletzt hat.

positiv
Dabei kann die Liebe selbst nicht verletzen. Es sind immer Menschen, die verletzen. Und meistens nicht einmal sie, sondern das, was wir daraus machen und zulassen. Hat man nun beispielsweise das Gefühl, dass ein anderer Mensch einem Lebensjahrzehnte zerstört hat, kann man es ihm ganz locker in die Schuhe schieben und weiter machen wie bisher. Weil er ja der Böse ist, der achtlos, egoistisch und kalt mit einem umgegangen ist. Man kann sich aber auch vor Augen führen, dass das Leben zuvorderst eine eigenverantwortliche Angelegenheit ist. Dass man das eigene Wohlbefinden niemals delegieren darf. Geschweige denn sich darauf verlassen sollte, dass andere wissen (wollen), wie sie einem das Leben versüßen können. Und sich eingestehen, dass man es selbst zugelassen hat, dass Lebensjahrzehnte anders verlaufen sind, als man es sich gewünscht hätte. Man hätte jeden Tag dieser Zeit neu beginnen, anlegen, gestalten können. Und doch hat man es nicht getan. Vielleicht weil man einem Konzept entsprechen wollte, vielleicht aber auch, weil man auf Versprechen vertraut oder Erwartungen erfüllt hat.
Für die Liebe ist es nie zu spät, weil sie immer da ist. Man kann sie aktivieren, indem man mit dem ersten Schritt beginnt: sich selbst zu lieben. Dann breitet sich dieses Gefühl sehr schnell aus und ist kaum aufzuhalten. Und selbst Missverständnisse lassen sich dann besser tolerieren, weil man merkt, dass sie mit einem selbst gar nichts zu tun haben, sondern vielmehr mit dem Gegenüber, das einfach noch auf einer anderen Entwicklungsstufe parkt. Wenn man Glück hat, kann man die Entwicklung des anderen befördern. Wenn nicht, liebt man einfach trotzdem. Sich selbst. Funktioniert!

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Anna-Lena 2018-11-09 13:29
Beziehungen sind schwierig. Klaus Eibach, ein anderer Blogger von dieser Seite hat mir geholfen einiges klarer zu sehen. Auch Ihnen Frau Dabringer, danke für die offenen Worte!
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# magclaudiadabringer 2018-11-09 16:29
liebe anna-lena, innere klarheit ist meines erachtens ein wichtiger bestandteil von beziehungen - viel freude beim weiteren entdecken derselben!
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