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Sie haben vielleicht mitbekommen, dass ich Ende vergangenen Jahres ausgewählte Beiträge dieses Blogs in einem Buch zusammengefasst habe. Und weil man das heutzutage so macht, kam ich dabei um Facebook-Werbung nicht herum. Also bezahlte. Und während ich die verschiedensten Punkte, die es dabei anzukreuzen und auszuwählen gibt, abgearbeitet hatte, wurde ich plötzlich mit meinem eigenen Rassismus konfrontiert.

Was war passiert? Ich hatte als Zielgruppe „Frauen“ angekreuzt, und eines der ausgewählten Ziel-Länder akzeptierte das nicht. Nachdem ich damals relativ ausgelastet war, hatte ich das nicht weiter hinterfragt und mir gedacht, dass das Büchlein ja auch ein Geschenk für verheiratete Frauen von ihren Männern sein könnte. Manchmal bin selbst ich pragmatisch. Dankbar für die Anregung, auf die ich ohne diesen Hinweis nicht gekommen wäre, lehnte ich mich dann zurück und schob den Gedanken über einen etwaigen Rassismus auf die Seite.

In meiner Welt hat Rassismus etwas mit Angst zu tun. Und ich erinnere mich noch lebhaft daran, dass meine geliebte Großmutter überzeugt davon war, dass Menschen bestimmter Hautfarbe schlecht riechen würden. Ich war 16 und hatte bis dahin noch nie eine solche Person live gesehen. Doch als ich während eines Sprachkurses in London war, sah ich gleich mehrere davon. Und während unsere Gruppe einem Straßenmusiker lauschte, schlich ich mich an einen „dieser“ Menschen heran und schnüffelte unauffällig. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wonach er roch, aber auf jeden Fall nicht schlecht. Damit war für mich das Thema gegessen – wir sind alle Menschen auf diesem einen Planeten. Und jeder ist wunderbar in seiner Einzigartigkeit.

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Das kam nicht immer gut, vor allem, als Flüchtlinge nach Europa kamen und die Angst vor einem Identitätsverlust groß und größer wurde. Durch meine Reisen in muslimisch geprägte Länder kannte ich die Kultur ein bisschen, und sie verursachte mir in keiner Sekunde Unbehagen – die mangelnde Empathie hingegen schon. Doch das ist wieder ein anderes Thema. Ich fühlte mich bereichert durch die unterschiedlichen Perspektiven, die sich plötzlich vermischten und hierzulande im besten Fall das Bewusstsein erweiterten. Das, was ich auf meinen Reisen in den Orient so schätzte, kam plötzlich zu uns. Fand ich ganz großartig.

Kürzlich saß ich mit zwei Freundinnen bei einem Vortrag, der den Titel „Banalität des Rassismus“ trug. Und ich war dorthin gegangen, weil ich mich eigentlich briefen lassen wollte für den Fall, dass ich ihm irgendwo begegnen würde. Also außerhalb von mir. Bei anderen. Bei „bösen“ Menschen. Doch je weiter der Vortrag des deutschen Wissenschaftler voranschritt, umso mehr wurde ich auf meinen eigenen Rassismus, von dem ich nie gedacht hätte, ihn zu besitzen, zurück geworfen. Zum Beispiel auf meine Offenheit gegenüber Internationalität. Normalerweise erwische ich ja so gut wie nie einen Taxifahrer, der offenkundig Österreicher ist. Und wenn ich merke, dass der Mann, der mich nach Hause fährt, eben von woanders stammt, frage ich gerne: „Wo kommen Sie denn her?“ Für mich war das immer ein Anerkennen seiner Herkunft und eine Möglichkeit, ihm Offenheit zu signalisieren. Doch seit diesem Vortrag macht mich das zur Rassistin. Denn meine Frage betont den Unterschied zwischen ihm und mir. Die Tatsache, dass er „nicht von hier“ ist. Nach dem Vortrag habe ich dem Taxifahrer diese Frage erspart.

Ein anderes Beispiel. Eine der beiden Freundinnen, die mich begleitet haben, sagte irgendwann, dass sie am Gang erkenne, ob es sich um einen europäischen oder orientalischen Mann handle. Und ich gab ihr Recht. RASSISMUS! Auch wenn wir tatsächlich unsere Beobachtungen gemacht haben und im Grunde davon sprechen, sind wir schon rassistisch, weil wir das „pars pro toto“-Prinzip walten lassen. Und wieder auf den Unterschied hinweisen. Seitdem bin ich extrem vorsichtig mit meinen Äußerungen und denke sogar darüber nach, ob ich meinen FREITAG aufrecht erhalten soll. Denn wenn sich mein Denken und Schreiben mit dem Unterschied zwischen meiner Umwelt und mir beschäftigt, gerate ich unweigerlich immer wieder in diese Falle. Ich will gar nicht zurück lesen, was ich im Laufe der bald 100 Beiträge von mir gegeben habe und dieser deutsche Wissenschaftler in die R-Schublade legen würde. Irgendwie krampft sich etwas in mir zusammen, weil ich es einerseits nur gut und bewusstseinserweiternd meine, andererseits aber offensichtlich akzeptieren muss, dass es auch so etwas wie einen positiven Rassismus gibt. Und weder das eine noch das andere will ich. Muss nachdenken. Melde mich wieder.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Sabrina 2018-03-12 17:40
NEIN BITTE NICHT!!
Freitage sind die einzigen Blogbeiträge denen ich folge, bitte nicht einstellen!
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# magclaudiadabringer 2018-04-27 14:10
wie ausgesprochen lieb von ihnen! ich tue mein bestes
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