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Wer war das nur, der uns diesen Floh ins Hirn gesetzt hat, dass Liebe immer so zu sein hat, wie wir es aus Filmen, Büchern oder von Vorbildern kennen? Liebe sei dann keine mehr, wenn man Worte dafür finde, hörte ich kürzlich. Ich versuch's trotzdem.

Die erste Liebesgeschichte, an die ich mich bewusst erinnere, war jene in „Doktor Schiwago“. Aus dieser Zeit stammt nicht nur meine Vorliebe zu russischen Komponisten, die gar nicht so wild auf den Streichern herumschrubben lassen können, als dass ich nicht an Juri und Lara in der Kutsche denken müsste. Ich weiß auch, dass sich meine Sympathien zu den Frauenfiguren in diesem Film mit der Zeit änderten. Am Anfang war ich noch ganz auf der Seite von Tonya, die den ganzen Tag fror, damit sie am Abend ihrem Gatten ein warmes Zuhause bieten konnte. Mir gefiel das Hingebungsvolle an dieser Frauenrolle und auch die Klasse, die Geraldine Chaplin dabei ausstrahlte. Lara war für mich – unter uns gesagt – eine Schlampe. Ich kann nicht ausschließen, dass meine Skepsis gegenüber blonden Frauen aus dieser Zeit stammt. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Wann sich dieses Bild wandelte, kann ich nicht sagen. Vermutlich ab einem Zeitpunkt, wo ich merkte, dass Liebe etwas ist, das sich nicht nur in geregelten, konventionellen Bahnen abspielt. Dass sie einem „dazwischen“ kommen kann, egal ob man nun selbst oder der/die andere in einer Beziehung ist. Dass man unter gewissen Umständen einfach nicht „Nein“ sagen kann, nur weil es bereits eine bestehende Beziehung gibt. Dass es wie in Laras Fall Abhängigkeit von Victor Komarovskij, Faszination für den Revolutionär Pascha oder auch hier die Hingabe an den Doc sein kann – dass Liebe eben viele Facetten hat.

Jetzt könnte man natürlich sagen, dass Liebe aus Abhängigkeit nicht als Liebe gilt, dass auch Faszination eben nur Faszination und mitnichten Liebe ist. Wersich in Situationen wie diesen befindet, wird aber solchen Argumenten wahrscheinlich eher unzugänglich sein. Denn das Gefühl der Liebe ist für jeden Menschen anders. Das wird mir klar, als ich mich in einer Diskussion mit meiner Psychohygienikerin wiederfinde. Und sie mir verdeutlichen will, dass jeder Mensch Liebe eben anders ausdrückt. Bei ihr sei es der Speck des Vaters gewesen, bei mir die Schokolade der Oma. Manche schenken Blumen, manche helfen im Garten, manche stehen um drei Uhr nachts vor der Türe, um Tränen zu trocknen. Das alles kann ein Zeichen von Liebe sein, und eines, das diesen Menschen eben möglich ist. Jemand, der eher der handwerkliche Typ ist, wird sich vielleicht mit Streicheleinheiten schwer tun, Techniker sind eventuell keine besonders sprachbegabten Menschen. Auch hier bestätigen Ausnahmen natürlich die Regel. Doch was ich sagen will: Man sollte seine eigene Auffassung, seinen eigenen Anspruch anderen tunlichst nicht überstülpen. Weil das nämlich ganz schnell ins Auge gehen kann. Vor allem ins eigene.

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Das wahrscheinliche Resultat ist nämlich jenes, dass der/die andere so gut wie NIE diese Erwartungen erfüllen kann. Er/Sie steckt ja schließlich nicht in der eigenen Haut, hat eine andere Biographie, andere Erfahrungen, eventuell sogar eine andere Mentalität oder Kultur. Hysterisch könnte man nun rufen, dass es ja dann unmöglich sei, jemals wieder Teil einer Beziehung zu sein/werden. Und diese Erkenntnis einzig und alleine dafür gut sein, sich auf ein lebenslanges Single-Dasein einzugrooven. Ich denke, es ist genau das Gegenteil.

Wenn man den anderen Menschen so lässt, wie er eben ist, stellt sich sehr schnell heraus, ob er das Potenzial hat, Teil des eigenen Lebens zu werden oder nicht. Dazu braucht man keinerlei Energie aufzuwenden, etwa für Seelenrecherche oder Interpretationen. Man lehnt sich zurück und schaut, ob sich die Persönlichkeiten verzahnen oder aneinander reiben. Letzteres minimiert den emotionalen Aufwand, ersteres schenkt Hoffnung, wenn auch abwartende. Und irgendwann einmal weiß man es. In dem Vortrag war die Rede von einer Liebe, die man nicht benennen kann. Und von einer Hoffnung, die nichts vom anderen erwartet und auch kein Ziel hat. Gerade nicht nach dem Motto: „Ich hoffe, dass morgen ein Lamborghini vor der Türe steht.“ Hoffnung bedeutet einfach, dass man vertraut, dass alles gut ist, wie es ist und wie es kommt. Und der Redner meinte, Liebe und Hoffnung wären im Grunde dasselbe. Ich neige dazu, ihm zuzustimmen.

PS: Wurde gerade von einem Mann angesprochen, der seit Wochen nur wegen mir eine gewisse Lokalität frequentiert. Der Theorie folgt nun die Praxis. Soviel zum Thema Männerurlaub.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# MichaelTrita 2018-03-10 09:08
kann ich nur bestätigen!
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# Terrycet 2018-03-10 16:59
Sehr gut geschriebener Artikel1
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# Terrycet 2018-03-11 18:16
Loslassen ist manchmal so schwer...
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# ysholj 2018-03-12 16:32
Wenn es nur so einfach wäre...
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