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Das spirituelle Lieblingsbuch von Zen-Meister Hinnerk Rei-An Syobu Polenski. Dieses großartige Buch habe ich mit fünfzehn im Bücherregal meiner Großmutter entdeckt. Es stand neben Philip Kapleau ‚Die drei Pfeiler des Zen‘.

Mein spirituelles LieblingsbuchBeide Bücher waren in weißes Papier eingeschlagen, wahrscheinlich, weil meine Großmutter sich damit vor skeptischen Blicken schützen wollte. Die Lektüre war für mich eine Initialzündung. Ich hatte schon früh das Gefühl, dass Erwachsene keine befriedigenden Antworten auf meine tiefsten Fragen geben konnten. Was ist Leben? Was ist Tod? Was ist der Sinn des Daseins? Bei Lama Govinda fand ich die Antwort: Der Schlüssel ist Bewusstsein.
Es gibt viele spirituelle Bücher, die dazu anregen wollen, sich auf den Weg zu machen. Das Buch von Lama Govinda ist eine ausgezeichnete Landkarte für alle, die bereits tief in die Praxis eingetaucht sind. Das Kernsutra des Zen ist das Hannya Shingyo. Der heilige Avalokiteshvara, in tiefste Weisheit versenkt, erkennt, dass die fünf Skandhas, die fünf Bereiche der Anhaftung – Körper, Gefühl, unterscheidende Wahrnehmung, Willensregung und Bewusstsein –, an sich leer sind. Lama Govinda schlüsselt die Facetten des Bewusstseins wunderbar auf.
Im Zen werden die acht Bewusstseinsebenen, die zur Wahrnehmung eines getrennten Ichs führen, häufig als negativ deklariert. Lama Govinda zeigt jedoch, dass das Ego-Bewusstsein zwei Ausrichtungen hat. Es tendiert zu Verblendung durch die Sinne, kann aber seine Intention ändern und sich auf Erleuchtungsgeist ausrichten und somit ein Tor sein für die transpersonale Dimension. Im Zen ist es modern, das Ego zu verteufeln. Damit wird Menschen auch Leid zugefügt. Sie stellen sich vor, sie müssten ganz ohne Ego sein, und sind damit überfordert.
So mancher Zen-Meister ist es auch. Alles ist erleuchtet, alles ist reiner Geist. Wenn das Ego als Nicht-Geist verteufelt wird, entsteht Spaltung. Das Ego-Bewusstsein kann ein Tor zur Erleuchtung sein, wenn die innere Ausrichtung stimmt. Lama Govinda schreibt: „Die Verschiedenheit der Richtungen kann verglichen werden mit dem Blick eines Menschen, der die Vielfältigkeit und Buntheit einer Landschaft betrachtet und sich von ihr als verschieden empfindet. Und mit dem Blick eines anderen in die Tiefe des Firmaments, das ihn von allem Objektiven und von sich selbst befreit, indem es ihm nur die Unendlichkeit des Raumes oder die ‚Leere‘ bewusstmacht.“
Es geht nicht darum, das Ego gewaltsam zu zertrümmern. In der heutigen Zeit haben viele Menschen große Ängste und leiden an Traumata. Wir müssen das Ego erst einmal in eine gesunde Form füllen, dann können wir die fünf Skandhas nutzen, um uns vollkommen auf das Ewige auszurichten. Es findet dadurch in unserem Ego eine Veränderung statt. Das Buch von Lama Govinda bietet dafür eine Orientierung. Sein Verdienst ist es auch, dass er einen heilsamen Weg zeigt, mit Gefühlen zu arbeiten. Dieser Aspekt kommt im Zen manchmal zu kurz. Wir geben den Menschen kein Werkzeug, wie sie mit ihrer Gier oder ihren Aggressionen umgehen sollen. Lama Govinda zeigt, wie man mithilfe der Dhyani-Buddhas Angst in Furchtlosigkeit, Wut in tiefen Frieden oder Mangel in Vollständigkeit verwandeln kann. Jeder, der auf dem Weg ist, kann mithilfe dieses Buches überprüfen, wo er steht – und damit arbeiten.

Hinnerk Rei-An Syobu Polenski ist Zen-Meister und Abt des Daishin Zen Klosters Buchenberg im Allgäu.

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