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Es wäre jetzt ein einfaches, angesichts der bevorstehenden Walpurgisnacht an meine Zeilen von letzter Woche anzuschließen. Doch mehr als meine Steinspirale neu zu legen, werde ich wohl nicht tun. Der nächste Blocksberg ist mir einfach zu weit weg.


Und überhaupt habe ich das Gefühl, mein neues Lebensjahr weniger kriegerisch, als vielmehr gleichmütig anzugehen. Während mir früher das ständige Auf und Ab lieb war, weil es mich von den Mittelmäßigkeiten des Lebens fernhielt, gewinne ich dem stillen Beobachten aktuell sehr viel ab. Das große Drama rund um mich herum fließt, doch ich fühle mich wie ein Buddha, der einfach nur sitzt und schaut. Manchmal lächelt er, manchmal lacht er – doch wirklich „touchy“ ist er nicht. Und das ist ja wohl auch sein Wesen.
Natürlich ist das manchmal schwer, vor allem wenn man so eine hilfsbereite Natur ist wie ich. „Die fünf Sprachen der Liebe“, auf die ich gerade wieder gestoßen bin, unterstreichen das. Und dabei gingen mir kürzlich ziemlich viele Lichter auf. Nämlich fast so viele, wie es Beziehungen in meinem Leben gegeben hat. Das war eine Party! Und wie in uncharmanten Umkleidekabinen oder in Damentoiletten sah ich dabei nicht wirklich gut aus. Denn was mir in diesem Blitzlicht der Erkenntnis klar wurde: ich hatte mich sehr oft mit Menschen in Beziehungen begeben, die völlig anders tickten. Das kann ja spannend sein, doch auf die Dauer ziemlich kräftezehrend. Denn der hilfsbereiter Typ gibt und gibt und gibt, doch wenn er eben auf ein Gegenüber stößt, das anders gepolt ist, zweifelt man dann schon – meist an der Liebe des anderen. Beispiel: Wenn ich mit jemandem Geburtstag feiere, weil er sonst alleine daheim sitzen würde, dann verstehe ich nicht, warum dieser Mensch mir dafür zwar Anerkennung zollt, aber mich in der Not abblitzen lässt. Weil mir Anerkennung weniger bedeutet als Hilfe.

Liebe
In Anbetracht dieser unterschiedlichen Auffassungen von Liebe erscheint es mir (endlich) sinnvoll, wirklich darauf zu achten, wie sich mein Gegenüber verhält. Und wenn der leiseste Zweifel an dessen Hilfsbereitschaft aufblitzt, lächelnd und bestimmt mich abzuwenden. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass ich es mir leicht mache, dass ich an mir arbeiten könnte, um die Toleranz aufzubringen, die Prägung des anderen zu akzeptieren. Manchmal geht das auch, vor allem in Frauenfreundschaften. Doch zwischen mir und den Männern hat das ein Ende. Ich weiß nicht, wie oft ich mich mit den anderen vier Sprachen auseinander gesetzt habe und – ohne Kenntnis der fünf Sprachen – versucht habe, „die Richtige“ zu sein, ohne ähnliche Bestrebungen auf der anderen Seite gemerkt zu haben. Denn neben viel Stoff für mehrere Romane hat mir das alles vor allem eines gebracht: absolute Erschöpfung. Die Hexe in mir sagt „Schluss“.
Sie braucht Kraft für das, was sie für richtig erachtet. Für das, was ihr Leben und das der ihr Lieben bereichert. Für die wichtigen Dinge, die ja selten eine Sau durchs Dorf jagen. Meist sind es ja die Mini-Skandale oder die Hyperventilation, die Staub aufwirbeln, wo gar keiner ist. Zu viele wenden ihre Aufmerksamkeit dieser scheinbaren Windhose zu, tragen den Staub weiter und lagern ihn bei anderen ab. Ich möchte Ruhe in meinem Kopf, was aber nicht bedeutet, dass ihn in mir nicht trotzdem für die Probleme anderer zerbrechen kann. Doch ich werde mir sehr genau überlegen, für wen und wie lange. Wenn ich merke, dass ich gegen eine Wand laufe, lasse ich es nach der zweiten Chance. Mein Leben lang verteilte ich drei davon – ausgezahlt, geschweige denn genutzt wurde das nur selten.
Das mag jetzt dem einen oder der anderen als Widerspruch zur hilfsbereiten Sprache der Liebe erscheinen. Doch der Grad zum Benutztwerden ist schmal, wie ich erfahren durfte. Nicht dass ich irgendeine dieser Erfahrungen bereue in meinem Leben - „they are all lessons“, wie meine schottische Freundin es auszudrücken pflegt. Und auch wenn ich weiß, dass mit diesen Lektionen wahrscheinlich so bald nicht Schluss sein wird, werde ich mir genau überlegen, ob sie es wert sind. Aus der Ruhe in meinem Kopf hinaus zu treten, auf das Tanzen auf meinem Tanzboden zu verzichten, einen sinnentleerten Chat dem Kochen eines gesunden Essens vorzuziehen.
Werde ich mit 53 jetzt erwachsen? Wenn es bedeutet, bei sich anzukommen, ja. Wenn es bedeutet, das System zu akzeptieren und „mitzuspielen“ - nein. Vielleicht sollte ich mir doch einen Blocksberg suchen und schauen, wie viele Hexen auftauchen. Und feiern, bis der Scheiterhaufen abgebrannt ist. Denn Feuer braucht man, um den Kontakt zum Leben aufrecht zu erhalten. Und zu sich selbst. Denn nur wer das Licht in sich selbst sieht, findet auch einen Weg.

Weitere Beiträge von Claudia Dabringer finden Sie hier.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Elke Mein 2019-04-28 20:42
Alels Gute zum Geburtstag! ICh hoffe das neue Lebensjahr bringt viel Ruhe und Kraft mit sich!
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# magclaudiadabringer 2019-05-06 21:49
oh, das ist aber lieb - vielen dank! ruhe breitet sich auf jeden fall aus, ja
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