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Kluge Geister zerbrechen sich schon seit Geraumem die Köpfe über unsere Welt und darüber hinaus. Vor allem über die Zukunft. Und das ist möglicherweise auch legitim, selbst wenn ich nur bedingt etwas davon halte. Denn das mit dem Wahrsagen hat sich in meinem Leben eher als Irrtum herausgestellt. Oder Fehlinterpretation, wenn ich in freundlicher Stimmung bin. Wirklich unfreundlich werde ich aber bei ganz etwas anderem.

Eine Freundin von mir hat sich vier Jahre lang mit einem Typen abgeplagt, der in mehrwöchigen Abständen sich stets mit den Worten „Hi babe, how are you?“ gemeldet hat und dem nicht wesentlich mehr an Worten, geschweige denn Interesse folgen hat lassen. Das ist insofern erstaunlich, weil die beiden in unterschiedlichen Kulturkreisen leben, völlig anderen Existenzkonzepten folgen und insofern vieles von einander lernen könnten. Sie war willig, doch konnte nicht durchdringen; er war unwillig und wollte nicht durchdringen. Diese Phase ist jetzt glücklicherweise vorbei. Nicht weil er die Macht und das Glück von Worten entdeckt hätte – sie ist einfach weitergezogen. Schließlich gibt es ja da und dort doch noch Männer, die sich austauschen wollen.
Mein Jüngster zum Beispiel. In meinen Augen ist er in jeder Hinsicht perfekt ausgestattet – soweit ich mir halt davon einen Eindruck verschaffen kann. Und nein, über alle Details seines Körpers bin ich nicht informiert. Doch meine Großmutter hat mich mit einem geheimen Wissen ausgestattet, das es mir ermöglicht, gewisse Schlüsse zu ziehen. Nicht nur bei ihm, sondern bei jedem Mann. Und nochmals nein, die Nase ist es nicht. Wie auch immer: Er sieht gut aus, ist mit einem Humor zum Niederliegen gesegnet, kann seinen Kopf gebrauchen und hat eine sensible Seite, die seinen Charme nur mehrt. Jetzt werden Sie sagen, dass ich das ja so zum Ausdruck bringen MUSS, weil er mein Jüngster ist. Da widerspreche ich Ihnen, denn das Nicht-Biologische-Muttersein verschafft mir durchaus eine gewisse Distanz und somit Objektiviät.
An der ich dann zweifle, wenn ich merke, wie schwer er sich mit jungen Frauen tut. Und nach einem Gin- und Bier-seligen Abend hadere ich wieder einmal mit meiner Generation. Erstens: Scheinbar haben wir es nur unzureichend geschafft, der Jugend zu vermitteln, wie wichtig sinnvolle Gespräche sind. Mein Jüngster geht mit einem inneren Fragenkatalog zu jedem Date, weil er sich unterhalten möchte, weil von seinem Gegenüber erfahrungsgemäß wenig bis gar nichts kommt. Small talk langweilt ihn – das hat er von mir. Ich habe ihm jetzt vorgeschlagen, statt der völlig unnötigen Frage „Was machst du?“ „Was macht Dich aus?“ zu formulieren. Er hat nicht protestiert, und ich bin gespannt, wie das nächste Zicklein darauf reagiert. Wenn ich so etwas höre, werde ich auch zu einem, denn was sagt die Frage nach dem Tun über die Qualität eines Menschen aus? Oder sucht die Menschheit inzwischen nicht mehr nach Qualität, sondern Funktionalität?

Geister
Inzwischen gibt es einige Bücher, die voller Fragen sind. Legendär sind die Fragebögen von Marcel Proust und Max Frisch. Aber auch Rolf Dobelli hat einiges an interessanten Gesprächsimpulsen zusammengetragen. Einsteigern empfehle ich „Fragen können wie Küsse schmecken“ von Carmen Kindl-Beilfuß, auch „Ich, die anderen und die Fragen dazwischen“ von Uta Engel finde ich sehr inspirierend. Ob man Vertrauen trauen kann, ist eine davon, auf der man nicht nur einen Abend aufbauen kann. Speziell zwischen Mann und Frau.
Was mich wieder zu meinem Jüngsten und seinen Dates zurück bringt. Auch wenn er ziemlich straight rüberkommt auf den ersten Blick, lacht er gerne – sogar über sich selbst, wie das Menschen mit schwarzem Humor eben so haben. Doch wenn sich das Gegenüber nicht einmal ein Lächeln erlaubt, wird das Grinsen irgendwann einmal zum Gähnen. Warum in aller Welt tun sich viele Menschen heute so schwer, von Herzen zu lachen? Natürlich, das Leben ist kein Strandspaziergang. Doch selbst ein beschwerliches Leben bietet heitere Momente. Mein Besuch in einem Township in Kapstadt hat mich genau das gelehrt. Dort teilen sich 200 Menschen eine Toilette, werfen Leber, Kutteln und Nieren auf den Grill und tanzen, singen, lachen dabei. Das nenne ich herzerfrischende Lebensfreude, die durch NICHTS getrübt wird. Da werden es doch hierzulande die Menschen auch zuwege bringen, sich an Kleinigkeiten zu erfreuen. Speziell junge Menschen, die in voller Kraft stehen, natürlich schön sind und ein ganzes Leben vor sich haben. Doch manchmal habe ich das Gefühl, dass die Angst größer ist, die aufgeklebten Wimpern zu verlieren als die Lust, sich einem witzigen Gedanken hinzugeben. Dabei ist letzteres sogar billiger – Madonnas falsche Wimpern auf dem Cover von „Confessions on a Dance Floor“ haben schlappe 7.000 Euro gekostet. Gut, braucht nicht jede, aber immerhin...haben würden sie bestimmt viele gerne. Dabei macht ein Lächeln viel schöner.
Und offenbar haben wir auch das versäumt, unseren Nachkommen zu vermitteln. Dass das, was nichts kostet, sondern verschenkt wird, uns selbst bereichert. Nicht nur mit Sympathie und Zuneigung, sondern auch intrinsisch. Denn nur wer etwas zu verschenken hat, ist reich. Und wenn es „nur“ eine Berührung ist, eine Stunde Zuhören oder eben ein Lächeln. Auch überraschende Fragen können ein Geschenk sein – probieren Sie es doch mal aus.

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Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Anonym 2018-08-23 15:59
Ich habe letztes ein nettes Bild auf Facebook gesehen: Ein Elternteil(man konnte das Geschlecht nicht identitifizieren, das spielt aber keine Rolle) mit einem Buch vor der Nase, sitzt ang aneinandergekuschelt neben dem Kind, ebenfalls lesen. Der Text war folgend:
- Wie haben Sie es geschafft das Kind zum Lesen zu bringen, anstatt mit dem Handy oder tablet zu spielen?
-Mutter/Vater: Kinder hören nicht, Kinder immitieren.
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# magclaudiadabringer 2018-09-14 14:33
danke fuer diesen beitrag - ja, genauso ist es, nur ist man sich als elternteil dessen nicht immer 100prozentig bewusst.
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# Rainer Brunhofer 2018-08-24 10:49
Wenn ich so etwas höre, werde ich auch zu einem, denn was sagt die Frage nach dem Tun über die Qualität eines Menschen aus? Oder sucht die Menschheit inzwischen nicht mehr nach Qualität, sondern Funktionalität?
Es heißt doch so: Du sagst mir, was du tust, und ich sage dir wer du bist. Oder so ähnlich. ;)
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# magclaudiadabringer 2018-09-14 14:32
lieber rainer,
fast könnte man den eindruck gewinnen, dass funktionalität mehr zählt als qualität, ja. vor allem aber geht es meiner meinung nach um scheinbare berechenbarkeit.
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