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Der Hochmut ist ein Hund. Gerade wenn man glaubt, alles im Griff zu haben, weil man doch schon eine Handvoll Erfahrungen gesammelt hat, beißt er einen. Weil er einfach Aufmerksamkeit braucht. Mir scheint, der Hochmut hat ADHS.


Jetzt ist es ja bei weitem nicht so, dass ich nicht auf Überraschungen vorbereitet wäre. Also die weniger guten. Wer innerhalb kürzester Zeit einen Mann und eine Katze verloren sowie fast sein ganzes Haus abgefackelt hat und dabei noch Ruhepuls vorweisen konnte, ist auf einiges im Leben vorbereitet. Und lernt, gelassen zu sein. Wahlweise weil das Kind eh schon mit dem Bade ausgeschüttet oder die Gewissheit gereift ist, dass sich manches einfach der persönlichen Kontrolle entzieht. Da kannste machen gar nix. Das Wetter beispielsweise oder ein Abzweigung, die man falsch genommen hat. Akzeptieren oder Fehler korrigieren, lautet die Formel.
Klingt alles ganz entspannt, und in den meisten Fällen funktioniert das auch ganz gut. Atmen ist ein wunderbares Notprogramm, wenn man gerade weder ein noch aus weiß. Damit zusammenhängend ist es für mich persönlich ganz gut, eine Zigarette bei und in der Hand zu haben. Hilft beim Sammeln, weil das Rauchen ja auch eine ziemlich fokussierte Angelegenheit ist. Aber darauf will ich gar nicht hinaus.
Ich will darauf hinaus, dass man mit fortlaufendem Alter und zunehmenden Problemlösungsstrategien leicht überheblich wird. Läuft schließlich alles. Das mit dem konstruktiven, wahlweise analytischen Denken sowieso. Und dann beschädigt man seinen Autoschlüssel in einer anderen, über zwei Autostunden entfernten Stadt und löst damit die Diebstahlsperre seines Wagens aus. Schon ist nichts mehr, wie es war. Schon gar nicht die Contenance.

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Der erste Blick gilt der Uhr. Halb sieben an einem Freitagabend. Beste Voraussetzungen, um noch in irgendeiner Werkstätte in Westeuropa Hilfe zu bekommen. Der zweite Gedanke löst den Griff ins Handschuhfach aus, wo die Anleitung für das Auto liegt. Aha, eine Notfallnummer. Nur leider ist dieser Notfall nicht gedeckt, erzählt mir ein mittelmäßig hilfbereiter Mensch am anderen Ende der Leitung. Dass mir das mit der Deckung gerade herzlich egal ist, weil ich einfach nur mein Auto bewegen will, veranlasst ihn zu der Aussage, ich solle doch meinen Reserveschlüssel holen. Hahaha. Meine Frage, ob es denn sicher gestellt sei, dass dieser Schlüssel den Wagen in Bewegung setzt, beantwortete er mit dem Hinweis, dass er mir dazu nichts sagen könne, weil der Autohändler meines Vertrauens dafür zuständig wäre. Hahahahahaha. Und während ich mich zusätzlich zur zunehmenden Hysterie langsam zu ärgern beginne, versuche ich, im Internet die Handynummer des Händlers zu recherchieren. Man möchte es nicht glauben, aber es gibt noch Menschen, die nicht alles von sich preisgeben. Und ausgerechnet so jemand hat mir meinen karmavioletten Flitzer verkauft. Aber hahahahahahahahaha. Ich bin nicht umsonst Journalistin und finde sie schlussendlich doch. Nur geht keiner dran. Würde ich auch nicht, wenn es Freitag halb sieben ist, nach einer wahrscheinlich ausgefüllten Woche. Na ja, vielleicht doch. Kommt drauf an, wer anruft. Beim zweiten Anruf hinterlasse ich eine Nachricht und schicke ein SMS. Und siehe da, der gute, gute Mann ruft zurück. Wir stellen fest, dass mein Schlüssel die Elektronik verloren hat und ich mich auf die Suche danach machen muss. Habe ich beim Beschädigen des Schlüssels während eines sturzbachartigen Regens noch über die Dusche geflucht, stellt sich eben jene nun als Segen heraus. Denn kein Mensch außer mir dachte daran, bei diesem Wetter mit dem Auto zu fahren. Weshalb die Platine nass, aber unversehrt auf der Straße liegt. Und siehe da, es klappt. Der Schlüssel ist zwar nach wie vor beschädigt, aber das Auto bewegt sich – noch immer. Habe ich schon erwähnt, dass ich meinen Autohändler LIEBE?
Mein Ex und unser Jüngster, der seinen Bärenhunger während dieser Aktion tapfer unter Kontrolle hielt, waren mir eine große Hilfe, allein durch ihre Versuche, mich zu beruhigen. Doch als alles geregelt war, musste ich schon darüber nachdenken, woher diese schnappatmende Fassungslosigkeit kam. Meine These ist, dass sie ein Denkzettel des Hochmuts war. Um mir zu zeigen, dass jederzeit etwas passieren kann, für das man keine 08/15-Lösungen bei der Hand hat. Dass ich noch ein wenig an meiner Gelassenheit arbeiten, schneller einen Schritt zurücktreten, mich hinsetzen und Druck aushalten sollte. Vor allem den unerwarteten. Denn gerade der will uns ja in Reaktionen drängen, die nur aufgrund von Schreckensszenarien in unserem Kopf entstehen. Wahrscheinlich funktioniert das alles nach dem Prinzip: „Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.“ Und deshalb sollte man in solchen Situationen vermutlich zuerst einmal eine Runde tanzen, bevor man aktiv wird. Da findet man dann ganz locker eine Lösung. Das nächste Mal versuche ich das. Ich werde berichten.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Anna Lena 2018-06-15 09:57
schöm!
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# magclaudiadabringer 2018-06-15 11:56
a5y59
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# magclaudiadabringer 2018-06-15 11:56
vielen dank, liebe anna lena
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