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So leicht dahingesprochen. So schwer zu leben. Noch schwerer, dabeizubleiben: An der Realität der Gegenwart. Der Zeitlosigkeit. Der ultimativen Lebendigkeit.

Wir alle streben sie an, diese Lebendigkeit. Und wissen doch weder, was sie in Wirklichkeit ist, noch, wie wir sie finden können. Manchmal wurde und wird sie uns jedoch geschenkt. Und dann er-innern wir uns. Frei waren wir da gewesen, frei von Sorgen vorwärts und von Ängsten rückwärts. Wir waren auch nicht völlig blauäugig, wollten nur Vergnügen haben und lehnten das Schwere, Schmerzvolle ab. Nein, in den erinnerten Moment-für-Momenten großer Gegenwärtigkeit waren wir einfach offen für das, was war. Wir waren einfach, und wir waren offen.
Und wie verloren wir dieses Da-Sein wieder. Und wie lernten wir, dass auch dies, das Verlieren, in der Gegenwart geschieht. Es ist also nichts, was wir loswerden müssen. Meiner Erfahrung nach brauchen wir ständige Übung, also viel Praxis, um Einsicht in und Gewahrsein von etwas zu erhalten, das sich dem logischen Verstand entzieht. Alle Arten von Meditation, Sitz-, Geh, Chant-, Ess-, Arbeitsmeditation, sind förderlich. Besonders jedoch das stille Sitzen, finde ich. Es ist so schmerzhaft, unbequem, langweilig zuweilen, und so herausfordernd.
Heute Morgen bin ich während des Zazens zweimal kurz eingenickt, war also gar nicht da. Auch dazwischen war ich nicht oft da. Ich sitze trotzdem wieder, weil ich wenigstens gespürt habe, wo ich nicht bin. Im Übrigen ist hier viel zu viel ‚Ich‘. Das kann ich schon einmal selber feststellen, es müssen mir nicht immer andere sagen oder spiegeln. Ein Fortschritt. Geht es um Fortschritte? Oder einfach nur um Schritte?

Ich weiß es nicht. Weiß so vieles nicht. Bin ratlos. Bei mir ändert sich gerade so viel. Immer ändert sich eigentlich viel. Nichts bleibt, wie es war, nicht unser Körper, nicht dieser Stuhl, auf dem ich sitze, nicht diese oder jene Beziehung. Die Blume neigt sich, weil die Blüte so schwer geworden ist, bald schon wird sie kippen, der Stängel faulen oder brechen, sie vergeht. Warum nur wollen wir festhalten, müssen es geradezu?
Augen-blick. Ich schaue durch das Fenster auf die Dächer und in den Himmel. Dann klappen kurz meine Lider zu und befeuchten die Augen. Ich spüre das gar nicht. Der zweite, dritte, vierte Blick – längst vergangen. Neue Dächer, das Licht subtil verändert, der Rauch verlässt den Schornstein immer anders, tanzend, wie Räucherwerk.
Und so ist es mit uns selber auch. Hier gewesen, eben noch, und morgen vielleicht schon dort. Weinend, schreiend, flüsternd, schweigend – wie gequält oder anmutig wird mein letzter Atemzug meinen Mund, meine Nase, diesen Körper verlassen?
Ich spüre, wie ich lächele. Mein Atem war während der Schreibmeditation sehr viel ruhiger und feiner geworden. Danke. Ich lebe.

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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