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„Rrrrrrrelax and think of parrrrrrrrrrradise. You arrrrrrrrrre so strrrrrrressed“, sagte der tunesische Masseur zu mir, während er hart an der Grenze zur Intimbehandlung entlang schrammte. Doch abgesehen davon, was er für mich als die angenehmste Entspannungsmethode erachtetet, frage ich mich natürlich, warum ich nach zwei Wochen Urlaub derartig unter Strom stand.

Meine Anfangsintention war ja, mich in einem Hotel mit All Inclusive-Service rund um die Uhr pampern zu lassen, nur in der Sonne zu liegen und endlich einmal nichts anderes zu tun als zu lesen und zu brutzeln. Und um dabei nicht ganz zu verblöden, mir in Kairo noch so einiges anzuschauen und das Ganze an einem tunesischen Strand ausklingen zu lassen. So weit die Theorie, der die Praxis nicht folgen wollte oder konnte.

Tag Eins begann mit windigem Wetter und Partymusik ab 9 Uhr früh. Dem zu entkommen, machte ich einen Spaziergang entlang des Meeres und setzte mich auf eine Bank. Hörte den Wellen zu und bald auch den Worten eines geschiedenen Mannes aus Alexandria, der mir erzählte, wie ihn am Vorabend eine Frau aus der Ukraine in der Disco angemacht hätte. Und wie er sie abgewiesen hätte. Um uns für einen Kaffee zu verabreden, tauschten wir die Telefonnummern aus. Ja, ich hätte wissen müssen, was das bedeutet, aber Ägypten ist schließlich nicht Tunesien. Nach dem Abendessen saß ich in der Hotellobby und erhielt dann seine Anfrage, ob ich an einer Nacktmassage auf meinem Zimmer interessiert wäre und ob er meine Nummer erfahren könnte. Meine Antwort können Sie sich vorstellen.

Und das nicht nur deshalb, weil ich keinerlei Erfahrung mit professionellen Nacktmassagen habe. Sondern auch, weil ich an diesem Abend damit beschäftigt war, mich von einem anderen Mann durch Hurghada chauffieren zu lassen. Der Bankomat im Hotel spuckte nämlich kein Geld aus, und ich hatte im Überschwang der olfaktorischen Gefühle Öle eingekauft, die ich zu bezahlen gedachte. Und nicht konnte. Doch die Gastfreundschaft der arabischen Völker ist eben nahezu grenzenlos, weshalb ich inzwischen in diesem Ort am Meer nahezu jeden Geldautomaten kenne. Und keiner mir was geben wollte. Das galt allerdings nicht für meinen Chauffeur, der mir sein ganzen Leben zu Füßen legte. Er hatte schlechte Erfahrungen mit Ägypterinnen, Schweizerinnen und Russinnen gemacht – eine Österreicherin fehlte ihm noch. Die in seinem Auto saß und krampfhaft überlegte, wo sie für die kommenden zwei Wochen Geld herbekommen sollte, war nicht interessiert, wie Sie sich denken können. Später stellte sich heraus, dass ich für die diversesten Kreditkarten falsche PINs mitgenommen hatte und es auch eine simple Bankomatkarte tat. Was für eine Erleichterung!

Während es weiter windig und überdurchschnittlich kühl blieb, freundete ich mich mit Adam an, der einen phantastischen Tee aus Beduinenmalven braute sowie als Physiotherapeut meine Achillesferse unter die Lupe und in seine Hände nahm. Ich schätze ihn jetzt nicht als Fussfetischisten ein, doch irgendwas dürfte in ihm gezündet haben. Plötzlich hatte ich einen Spitznamen und täglich mehrere Nachrichten auf einem Handy. Und selbstverständlich eine Einladung zum Essen. Selbstgemacht, versteht sich. Eine verlockende Vorstellung angesichts der Krankenhaus-Gerichte am Hotelbuffet. Ich verschob dieses Essen trotzdem Tag um Tag, am Ende war es ein halbstündiges Fischessen in einem Restaurant, zu dem die Fahrt länger dauerte als die Nahrungsaufnahme. Denn vorsichtshalber hatte ich mir ein weiteres Treffen mit alleinreisenden Schottin im Hotel ausgemacht – Dates im arabischen Raum können ja manchmal ausufern.

Silvester schob ich mich an einem zehn Meter langen Süßigkeiten-Buffet entlang, lauschte einem Sänger im Samt-Jackett, der Lieder von Metallica und den Scorpions trällerte. Ich beneidete meine Tischgesellschaft, die aus zwei taubstummen, deutschen Frauen bestand, denen diese Höhepunkte glücklicherweise entgingen. Um halb zwölf fand ich mich mit bereits erwähnten Schottin im Shisha-Zelt wieder, deren Vater vor einem Monat gestorben war und die in einer Identitätskrise steckte. Tränen inklusive. Das Feuerwerk aus zwei Raketen habe ich vor lauter Taschentücherreichen völlig überhört. Ausgeklungen ist der Abend mit einem Mann aus Berlin, mit dem ich mich als krönendem Abschluss über den schlecht funktionierenden Personennahverkehr in der deutschen Hauptstadt ausgetauscht habe.

Dann kam Kairo und seine fünf Millionen Autos, die 24/7 durch die Stadt brettern. Und hupen, was das Zeug hält. Meine professionellen Begleiter waren entzückend und besorgt um mich, doch weiß man in diesen Fällen ja nie, ob es zum Job gehört oder reine Menschenliebe ist. Trotzdem fand ich mich in Gesprächen wieder, die von gebratenen Tauben handelten, die die männliche Begierde anheizten (als wären die noch notwendig!) und verhassten Schwiegermüttern, die jede Ehe zerstörten sowie die Information übermittelten, dass ägyptische Frauen unmittelbar nach der Heirat erkalten würden. Was sonst sollte man über Ägypten wissen wollen! Und das alles, während sich die ägyptische Version des elektrischen Reiters (Sie wissen schon, Robert Redford illuminiert auf einem Pferd!) wie ein Derwisch dreht und dazu ohrenbetäubend getrommelt wird.

 

Nach vier Stunden Schlaf dann der Aufbruch nach Tunesien. Und die Idee, nach einem Sturz am Strand dem Körper etwas Entspannung zu gönnen. Grundsätzlich nix Falsches, doch im Hammam einen Mann anzutreffen, war dann doch eine Überraschung. Aber ich wollte ja nicht diskriminierend wirken und wollte mir das anschauen. Das Ganze endete damit, dass mich sein zunehmend schweres Atmen dann doch dazu veranlasste, ihm immer öfter auf die Finger zu hauen und das Salben mit Rosen- und Steinöl vorzeitig zu beenden. Auch wenn er meinte, dass es seine Bestimmung sei, Menschen glücklich zu machen. Genau. Auf die Idee, dass mich seine Art der Massage gestresst haben könnte, ist er natürlich nicht gekommen. Wie auch, er wollte ja nur mein Bestes. Und ich wollte es nicht hergeben – wie konnte ich nur!

 

Ja, Reisen ist aufregend. Und kann stressig sein. Vor allem dann, wenn man offen und neugierig durch die Welt geht. Eine liebe Freundin hat mir für heute einen ruhigen Abend gewünscht – das tat ich seit Urlaubsantritt ständig. Doch wenn das Schicksal sich erfüllt, kannste machen gar nix. Und genau das ist das Wunderbare am Reisen. Und am Heimkommen. Jetzt will ich mich einmal vom Urlaub erholen, doch vermutlich kommt mir auch da etwas dazwischen.

 

 
 
Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# heinz 2018-01-12 08:30
Ist das nicht immer so? Man erwartet sich entspannung und Urlaub und bekommt action und abenteuer XD
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# magclaudia dabringer 2018-01-12 14:08
lieber heinz, ich habe oft den eindruck, dass es umgekehrt ist bei anderen - entwickelt langsam einen reiz fuer mich, diese umkehrung XD
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