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Jetzt liegt mein verlängertes Wochenende schon wieder hinter mir – die Zeit vergeht im Flug! Und nachdem ich mir beim Besuch meiner Großeltern unter der Erde noch eine ebenso unterirdische Predigt anhören musste, frage ich mich, ob ich mich permanent in einem Paralleluniversum befinde.

Im Grunde mag ich diese Gräberbesuche, denn man sammelt sich und seine Erinnerungen wieder einmal, schickt Energie an die Verstorbenen und hofft, dass sie wohlbehalten an ihrem Bestimmungsort angekommen sind – egal, welcher spirituellen Philosophie man anhängt. Und auch wenn ich an Oma und Opa während des Jahres öfter denke, kann so ein Bündel Zuneigung ja auch den Gegangenen nicht schaden. Denke ich mir halt so. Doch der Pfarrer, der sich Worte zur inneren Einkehr überlegt hatte (davon gehe ich jetzt aus, auch wenn der Output zweifelhaft war, aber selbst Pfarrer dürften hin und wieder einen schlechten Tag haben), erklärte, dass liebende Erinnerung zu oberflächlich sei. Man müsse das alles im christlichen Referenzrahmen sehen, nur dann laufe das Gedenken in geordneten Bahnen.

Ich kam aus dem Schnauben nicht mehr heraus. Nicht nur, weil mir die kalte Luft an der Innenseite der Hosenbeine hinauf stieg und mir das „Ich habe einen neuen Wintermantel“-Gehabe an den Nachbargräbern lächerlich erschien. Ich schnaube vor allem deshalb, weil ich mir einfach nicht vorschreiben lassen will, wie ich Menschen in Erinnerung zu behalten habe. Und als dann auch noch die Aussage fiel, alles andere als die christliche Variante falle in den Bereich der Philosophie (ich hatte ja eigentlich schon „Esoterik“ im Kopf vorformuliert), wollte ich eigentlich gehen. Wozu sich das anhören? Meine Eltern nahmen mein leichtes Hyperventilieren wahr, schienen aber resistenter zu sein gegen Worte wie diese, und ich blieb. Auch wenn ich normalerweise nichts davon halte, biss ich die Zähne zusammen und hielt durch. Geht's noch, dachte ich trotzdem, und ich weiß, dass meine Oma unter der „In Liebe“-Kerze ähnlich gedacht hätte. Sie war den Herren in Soutanen ja recht skeptisch gegenüber eingestellt, Ausnahmen bestätigten die Regel. Wieder etwas, was ich von ihr geerbt zu haben scheine – neben dem Mülltourismus. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Was mich zu meinem Italienurlaub bringt. Doch war es überhaupt einer? Was das Hotel angeht, auf jeden Fall. Direkt am See, mehrere Sonnenterrassen, in der Nacht nur das Wellen- und Pinienrauschen. Und eigentlich wollte ich ja die meiste Zeit dort verbringen, um dem gemeinen Italiener zu entgehen. Hab' ich nicht geschafft, denn wenn es etwas gibt, was ich mit „dolce far niente“ verbinde, ist es das, bei herunter gelassenem Fenster und laut aufgedrehter Musik mit dem Auto zu fahren. Gesagt, getan. Vor und hinter mir Wägen, die aufgrund ihrer Kennzeichen schon darauf hinweisen hätten können, was mich erwartet. Doch hey, mit der Sonne auf der Nase, „Born free“ im Ohr und der Aussicht auf das reine Sein – wem fällt so etwas schon auf?

Spätestens im ersten Ort meiner Station, wo ich nach einem kleinen Tisch fürs Mittagessen gesucht habe. Die verschiedensten Dialekte waren vertreten. Und nein, nicht sardisch, friulisch oder piemontesisch – pfälzisch, kärntnerisch, berlinerisch. Und nur unter Anwendung äußerster Hartnäckigkeit konnte ich zumindest auf italienisch mit dem Servierpersonal kommunizieren. Fahre ich in ein anderes Land, um mich in meiner eigenen Sprache zu verständigen? Nein! Ich verstehe schon, dass eine gewisse Multilingualität im Tourismusgewerbe von Vorteil ist, aber nichtsdestotrotz sollte man im Umgang mit dem Gast nicht darauf bestehen, unter allen Umständen Deutsch zu sprechen. Wurscht. Salsiccia sozusagen.

Es gab einen Ort, wo ich dem entfliehe konnte. Einen Park, dessen Urheber ideologisch eher zweifelhaft war und in dem sich hauptsächlich italienisches Klientel umtat. Aus historisch-nationalen Gründen vermutlich. Es tat so gut, dort zu wandern, zu fotografieren, zu sein. Durchzuatmen. Die Natur wertzuschätzen, die an und für sich keine und jede Sprache spricht. Und mir die Erkenntnis schenkte: Wenn ich schon in Riva, Desenzano oder Borghetto kein italienisches Wort zu hören bekomme, schallt es mir bestimmt aus dem Radio entgegen. Und auf diese Weise kam das Urlaubsgefühl dann doch noch. Grazie „Azzurro“.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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